Schnack auf dem Garagenhof
Ich war mal eben los. Nur eine kurze Besorgung, nicht länger als eine halbe Stunde mit dem Auto. Sonne, aber kalt. Und was soll ich sagen? Es war schon fast wie im Frühling. Schon nach ein paar Metern besserte sich die Laune, und als ich wieder auf den Garagenhof einbog, war ich fast enttäuscht, dass der Ausflug nun enden sollte.
Stand da Johann. Johann wohnt seit 40 Jahren in 18, ist 74 und hat schon lange ein Hüftleiden. Die letzten Monate, also da, wo es hier nicht nur kalt ist, sondern eigentlich saukalt, dauerverregnet und ekelhaft grau in grau, in diesen Monaten grummelte Johann immer nur mit eingezogenem Kopf irgendwelches unverständliches Zeug, wenn man ihn traf. Und man trifft ihn eigentlich täglich.
Heute stand Johann mitten auf dem Garagenhof in der Sonne, halb auf einen alten Besen gestützt, kratzte sich mit zwei Fingern am Kopf ( weil die anderen die speckige Mütze halten mussten ) und schaute interessiert zu, wie ich rückwärts in meine Garage fuhr.
"Moin Johann", sagte ich und richtete mich darauf ein, im Vorbeigehen keine Antwort zu erhalten.
"Moin, mien Jung. Wo geit?"
"???" So aufgräumt hatte ich Johann schon ewig nicht mehr erlebt.
"Mie geit god. Un sülbst?", antwortete ich nun und stellte schon mal die schwere Tasche auf den Boden.
"Ach Jung, die Hüfte, die Hüfte." Ein bedauerndes Aufstöhnen meinerseits veranlasste ihn, sofort weiterzureden.
"Hast gehört, Karl sein Haus soll wieder verkauft werden?" Er schüttelte bei diesem Gedanken den Kopf und kratzte sich noch einmal ausgiebig.
"Einhundertneunundvierzig will Karschewski haben. Das sind dreihunderttausend Mark. Kricht der doch nie!" Es folgte so eine Art Zungenschnalzen.
"Ach", sagte ich erstaunt. Karl war schon vor 6 Jahren verstorben, die Erben ( "...düsse Bengels", meinte Johann damals ) hatten sich zerstritten und das kleine Reihenhaus an Karschewski verkauft. Karschewski bezeichnet sich selbst als "Veranstaltungsmanager" und stand vor ein paar Tagen als insolvent im Anzeiger. Trotz der längst veränderten Eigentumsverhältnisse blieb für Johann das aber immer noch "Karls Haus".
"Ist das denn nu nichts für Dich, Junge?" Nochmal Kopfkratzen, und ich fragte mich langsam, warum es da so juckt. Zudem finde ich es immer wieder witzig, dass er mich "Junge" nennt. Die Fünfzig habe ich immerhin ja auch schon eine ganze Weile hinter mir.
"Nee, lass stecken", sagte ich und blinzelte in der Sonne. "Vor zwanzig Jahren vielleicht. Aber nu sind die Jungs groß und haben ihre eigene Bude. Da brauch ich das nicht mehr."
"Der Große wohnt drüben in sieben, oder?" Johann ist immer gut informiert.
"Nö, das ist Nummer drei", antwortete ich, wurde aber gleich zurechtgewiesen.
"Als wir hier gebaut haben, war das Block sieben. Was weiß ich, was die da für Nummern rangeschraubt haben." Er schien ein wenig maulig, weil ich das nicht wusste. Wie auch, ich wohne ja erst zweiunddreißig Jahre hier.
"Naja, er zieht jetzt ja um. Mit seiner Freundin zusammen, weißt Du? In Neun, ganz oben."
"Schöne Wohnung. Da sind jetzt Iraner drin", sagte Johann, der sich hier genau auskennt.
"So, Johann, ich muss denn mal", versuche ich den Absprung zu kriegen. Und wie ich musste...
"Ja, mien Jung, denn mach mal", sagte er und klopfte mir leicht an den Oberarm. Zufrieden lächelnd begann er damit, den Besen mit einem Kratzgeräusch über das grobe Pflaster zu ziehen, obwohl es da gar nichts Spektakuläres zum Zusammenfegen gab. Und ich möchte einfach argwöhnen, dass der gute Johann, angelockt von der Sonne und getrieben von ein wenig Langeweile, sich den Garagenhof nur als strategisch wichtigen Platz ausgesucht hatte, um mal wieder mit den Nachbarn zu klönen.
Ich nahm meine Tasche wieder auf und schlenderte mit einem "Tschüss denn" zum roten Weg rüber, Richtung Hauseingang. Ja, ich freue mich, denn nun ist es für mich klar:
Leute, es wird endlich Frühling!
Stand da Johann. Johann wohnt seit 40 Jahren in 18, ist 74 und hat schon lange ein Hüftleiden. Die letzten Monate, also da, wo es hier nicht nur kalt ist, sondern eigentlich saukalt, dauerverregnet und ekelhaft grau in grau, in diesen Monaten grummelte Johann immer nur mit eingezogenem Kopf irgendwelches unverständliches Zeug, wenn man ihn traf. Und man trifft ihn eigentlich täglich.
Heute stand Johann mitten auf dem Garagenhof in der Sonne, halb auf einen alten Besen gestützt, kratzte sich mit zwei Fingern am Kopf ( weil die anderen die speckige Mütze halten mussten ) und schaute interessiert zu, wie ich rückwärts in meine Garage fuhr.
"Moin Johann", sagte ich und richtete mich darauf ein, im Vorbeigehen keine Antwort zu erhalten.
"Moin, mien Jung. Wo geit?"
"???" So aufgräumt hatte ich Johann schon ewig nicht mehr erlebt.
"Mie geit god. Un sülbst?", antwortete ich nun und stellte schon mal die schwere Tasche auf den Boden.
"Ach Jung, die Hüfte, die Hüfte." Ein bedauerndes Aufstöhnen meinerseits veranlasste ihn, sofort weiterzureden.
"Hast gehört, Karl sein Haus soll wieder verkauft werden?" Er schüttelte bei diesem Gedanken den Kopf und kratzte sich noch einmal ausgiebig.
"Einhundertneunundvierzig will Karschewski haben. Das sind dreihunderttausend Mark. Kricht der doch nie!" Es folgte so eine Art Zungenschnalzen.
"Ach", sagte ich erstaunt. Karl war schon vor 6 Jahren verstorben, die Erben ( "...düsse Bengels", meinte Johann damals ) hatten sich zerstritten und das kleine Reihenhaus an Karschewski verkauft. Karschewski bezeichnet sich selbst als "Veranstaltungsmanager" und stand vor ein paar Tagen als insolvent im Anzeiger. Trotz der längst veränderten Eigentumsverhältnisse blieb für Johann das aber immer noch "Karls Haus".
"Ist das denn nu nichts für Dich, Junge?" Nochmal Kopfkratzen, und ich fragte mich langsam, warum es da so juckt. Zudem finde ich es immer wieder witzig, dass er mich "Junge" nennt. Die Fünfzig habe ich immerhin ja auch schon eine ganze Weile hinter mir.
"Nee, lass stecken", sagte ich und blinzelte in der Sonne. "Vor zwanzig Jahren vielleicht. Aber nu sind die Jungs groß und haben ihre eigene Bude. Da brauch ich das nicht mehr."
"Der Große wohnt drüben in sieben, oder?" Johann ist immer gut informiert.
"Nö, das ist Nummer drei", antwortete ich, wurde aber gleich zurechtgewiesen.
"Als wir hier gebaut haben, war das Block sieben. Was weiß ich, was die da für Nummern rangeschraubt haben." Er schien ein wenig maulig, weil ich das nicht wusste. Wie auch, ich wohne ja erst zweiunddreißig Jahre hier.
"Naja, er zieht jetzt ja um. Mit seiner Freundin zusammen, weißt Du? In Neun, ganz oben."
"Schöne Wohnung. Da sind jetzt Iraner drin", sagte Johann, der sich hier genau auskennt.
"So, Johann, ich muss denn mal", versuche ich den Absprung zu kriegen. Und wie ich musste...
"Ja, mien Jung, denn mach mal", sagte er und klopfte mir leicht an den Oberarm. Zufrieden lächelnd begann er damit, den Besen mit einem Kratzgeräusch über das grobe Pflaster zu ziehen, obwohl es da gar nichts Spektakuläres zum Zusammenfegen gab. Und ich möchte einfach argwöhnen, dass der gute Johann, angelockt von der Sonne und getrieben von ein wenig Langeweile, sich den Garagenhof nur als strategisch wichtigen Platz ausgesucht hatte, um mal wieder mit den Nachbarn zu klönen.
Ich nahm meine Tasche wieder auf und schlenderte mit einem "Tschüss denn" zum roten Weg rüber, Richtung Hauseingang. Ja, ich freue mich, denn nun ist es für mich klar:
Leute, es wird endlich Frühling!
Korinthe - 18. Mär, 16:00